Ich möchte dieses Thema aus meiner langjährigen Praxis betrachten – nicht aus der Theorie. Die gibt es genug – in Büchern, Seminaren und Zertifizierungen. Doch die Realität sieht oft anders aus. Viele meiner Erkenntnisse stammen aus eigenen Fehlern, aus Intuition und gesundem Hausverstand – und aus gezieltem Lernen in Marketing, Vertrieb und Entwicklung. Meine Erfahrung zeigt: Selbst ein erfahrener Projektmanager hält in der Praxis nur rund um 80 % der geforderten theoretischen Prozesse und Dokumentationen konsequent ein – und kann trotzdem ein Projekt erfolgreich abschließen. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich drei zentrale Ratschläge, die sich in vielen Projekten bewährt haben.

Erstens: Offene Haltung und konsequentes Handeln:


„Ein Projektmanager sollte offen für neue Ideen und konstruktive Kritik sein, transparent arbeiten – vor allem gegenüber dem eigenen Team – und keine Scheu haben, Experten um Hilfe zu bitten.“

Ein Projektmanager ist wie ein Ingenieur: Er sucht den besten und effektivsten Weg – und verfolgt diesen konsequent, auch wenn Hindernisse auftauchen.vDas ist für mich der eigentliche Schlüssel zum Erfolg. Ich habe jedoch auch das Gegenteil erlebt: Ein Kollege, der viel von sich hielt und als „Besserwisser“ bekannt war, ignorierte grundlegende Prinzipien. In einem Meeting stellte sich heraus, dass er nicht einmal ein Projektbuch führte. Zudem hatte er es versäumt, für das Projekt den „Out of Scope“ zu definieren und die Deliverables klar zu begrenzen. Solche Versäumnisse fallen stark ins Gewicht – und sie führten dazu, dass er, trotz einer anfänglich guten Karriere, später in seiner Firma keine verantwortungsvollen Aufgaben mehr als Projektmanager erhielt.

Zweiten: Frühzeitige Einbindung in die Anfangsphase

Ich habe oft beobachtet, dass die Einbindung eines Projektmanagers bereits in einer sehr frühen Phase – also noch bevor das Projekt vollständig definiert ist – die Erfolgschancen deutlich erhöht. Gerade die Anfangsphase spielt eine entscheidende Rolle für den späteren Verlauf. Dazu gehören unter anderem:

Diese frühe Involvierung hat nicht nur organisatorische Vorteile, sondern auch psychologische Aspekte. Wichtiger als alle „Hard Facts“ – die es in jedem Projekt ohnehin gibt – ist die psychologische Komponente: Ein Projektmanager, der von Beginn an dabei ist, empfindet das Projekt als sein eigenes Vorhaben. Es wird zu seinem „Kind“. Diese emotionale Bindung erzeugt ein starkes Verantwortungsgefühl und den inneren Antrieb, das Projekt erfolgreich zu managen und bis zum positiven Abschluss zu bringen. Daher mein zweiter Ratschlag:

„Binden Sie den Projektmanager so früh wie möglich in das Vorhaben ein.“

Ich habe aber auch erlebt, wie es anders läuft: In einem Projekt holte mein Partner einen externen Projektmanager erst zu einem Zeitpunkt ins Boot, als der Vertrag bereits unterschrieben war und das Team schon feststand. Die Akzeptanz seitens des Kunden war von Anfang an ein Problem. In den Augen des Kunden war dieser PM ein „Fremder“ im Projekt – jemand, der nicht von Beginn an dabei war und keinen Bezug zur bisherigen Arbeit hatte. Wir mussten schließlich zusätzlich einen „inoffiziellen PM“ aus unserem bisherigen Team einsetzen. Sowohl das Kundenteam als auch unsere eigenen Teammitglieder folgten dessen Anweisungen, während der externe PM im Wesentlichen nur noch dafür da war, Unterschriften zu leisten und das Projekt in Steering Committee zu vertreten. Dieses Beispiel zeigt: Wird ein Projektmanager zu spät eingebunden, verliert er nicht nur den Einfluss auf die entscheidenden Startschritte, sondern oft auch das Vertrauen und die Führungsposition im Projekt

Drittens: Alle relevanten Stakeholder einbinden

Ich habe festgestellt, dass viele Projekte von einem einzelnen Team oder einer Abteilung vorgeschlagen und gestartet werden, ohne vorher alle relevanten Beteiligten nicht nur zu informieren, sondern aktiv einzubinden. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Teamleiter, verantwortlich für das Online-Banking, definierte ein Projekt und stellte es dem CIO vor. Das Projekt wurde aus dem IT-Budget genehmigt – zumindest für den Betrag der ersten Kostenschätzung. Der Teamleiter war der Ansicht, dies sei eine triviale Entscheidung. Aus seiner Sicht war vor allem die Budgetfreigabe entscheidend – und diese hatte er nun. Doch gerade solche Projekte sind oft mit hohen Risiken behaftet. Ihre Erfolgschancen sind deutlich geringer als die von Projekten, die von Beginn an die Unterstützung des Vorstands haben. In diesem Fall stellte sich mitten in der Umsetzung heraus, dass auch die Marketingabteilung Anforderungen hatte, die sie gerne eingebracht hätte – jedoch zu einem Zeitpunkt, an dem sie nur noch mit erheblichem Mehraufwand integrierbar waren. Wenn dann das Projekt mit dem ursprünglich genehmigten Budget nicht fertiggestellt werden kann, wird eine zusätzliche Genehmigung durch den Vorstand schwierig und oft nur mit großer Überzeugungsarbeit erreichbar. Der CIO kann sich in dieser Situation leicht zurückziehen und argumentieren: „Der Teamleiter sollte wissen, was er will.“ Er kommt – wie man so schön sagt – mit einem blauen Auge davon. Der Teamleiter hingegen ganz sicher nicht. Mein dritter Ratschlag:


Binden Sie von Beginn an alle wesentlichen Stakeholder ein, auch wenn deren Beitrag erst später im Projekt relevant wird. So vermeiden Sie spätere Konflikte, teure Änderungen und verhindern, dass ein Projekt frühzeitig ins Stocken gerät.

Fazit

Projektmanagement ist mehr als das Abarbeiten theoretischer Vorgaben.
Erfahrung, Offenheit, frühzeitige Einbindung und klare Kommunikation mit allen Beteiligten sind die Faktoren, die in der Praxis über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

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